Kleine Hand in meiner Hand (2021/11)
... ist ein sehr bewegendes Gedicht von Friedrich Schnack über Vater und Sohn. Aus eigner Kindheit kann ich mich erinnern, dass dieses Gedicht in meinem Elternhaus hing. In drei kurzen Strophen geht es über die Schönheit früher Kindheitstage, dem Loslassen-Müssen bis hin zur eigenen Vergänglichkeit.
Kleine Hand in meiner Hand,
ich und du im jungen Grase.
Ich und du, im Kinderland
gehn wir auf der langen Straße:
deine Hand in meiner Hand!
Kleine Hand in meiner Hand,
die einander zärtlich fassen:
ich und du, nichts hat Bestand.
Einmal, ach! muss ich dich lassen,
kleine Hand aus meiner Hand.
Kleine Hand in meiner Hand,
kleiner Schritt bei meinem Schritt,
Kleiner Fuß im weiten Land:
Einmal geh ich nicht mehr mit.
Einmal gehst du ohne mich,
wie ein Traum mein Bild verblich.
(Friedrich Schnack)
Als gut Mitfünfziger mit zunehmend flügge werdenden Kindern habe ich in der Rolle des Vaters die erste Strophe bereits deutlich hinter mir gelassen und werde mich wohl oder übel langsam auf das 'Loslassen-Müssen einlassen müssen'. Und auch in der Rolle des Sohnes musste ich dieses Jahr mit der dritten Strophe traurige Bekanntschaft machen.
Wie bereits zuvor bei Goethes 'Wandrers Nachtlied' wurde für die obige Graphik Schnacks Gedicht 'Kleine Hand in meiner Hand' in ein abstraktes, graphisches Alphabet transferiert und anschließend koloriert. Die verblassenden Farben greifen dabei die dritte Strophe des Gedichtes auf und versuchen, unsere eigene Vergänglichkeit zu visualisieren. Für die zweite Graphik wurde zusätzlich die Strukturierung durch die drei Strophen durchbrochen, um die Abbildung stärker in Richtung eines graphischen Werkes zu platzieren.